Die körperliche Auseinandersetzung ist eine kindgemäße Handlungsweise, durch die Kinder in direkten Körperkontakt zu ihren Mitmenschen treten.
Sie befriedigen dadurch verschiedene menschliche Urbedürfnisse:
- das Verlangen nach Nähe und Berührung,
- das Bedürfnis, die eigenen Kräfte zu entwickeln und Grenzen auszutesten,
- das Bedürfnis, mit einem Gegenüber die Kräfte zu messen,
- das Vergnügen, den eigenen Körper in der Bewegung zu erleben.
In den verschiedensten Situationen kann man Kinder beobachten, wie sie miteinander ringen und kämpfen.
Diese spielerischen Auseinandersetzungen sind für die psychische, soziale und körperliche Entwicklung von Kindern bedeutsam.
Problematisch für die kindliche Entwicklung wird es allerdings, wenn Fähigkeiten, Kenntnisse, Einstellungen und Gelegenheiten fehlen, Zweikämpfe in kontrollierter und verantwortungsvoller Form auszutragen.
Das verantwortungsvolle, regelbewusste Kämpfen im Kindergarten gibt Kindern die Gelegenheit, wichtige soziale Erfahrungen zu machen, Vertrauen in die eigenen Kräfte zu entwickeln und ihr Bewegungsrepertoire zu erweitern.
Kinder lernen beim Zweikämpfen das Umgehen mit eigener und fremder Aggression, sie erfahren unmittelbare körperliche Kraft, sie lernen das Verarbeiten von Sieg und Niederlage, sie entwickeln Selbstdisziplin und verbessern ihre Wahrnehmungsfähigkeit im Umgang mit anderen. Im Gegeneinander muss es dabei immer fair, nach Regeln und ohne Verletzungen zugehen.
Beim Kämpfen im Kindergarten erscheint uns die Entwicklung folgender Fähigkeiten besonders bedeutsam, weil sie entscheidend zur Gesundheitskompetenz beitragen:
- Fairness und verantwortliches Handeln gegenüber anderen,
- Selbstdisziplin und Aggressionskontrolle,
- Sensible Wahrnehmungsfähigkeiten im Umgang mit sich und anderen.
Unser Projekt „Raufen nach Regeln!“ soll zum einen verdeutlichen, dass Ringen, Rangeln und Raufen für Kinder ein pädagogisch wertvolles, wirkungsvolles und entwicklungsförderndes Thema ist, wenn es bestimmten Regeln folgt und von gegenseitigem Respekt getragen ist. Zum anderen soll mit Hilfe einiger praktischer Beispiele im Kindergarten gezeigt werden, wie die Umsetzung in die Praxis gelingen kann.
Selbsterfahrungen bilden die Voraussetzung, um Vorgänge und Empfindungen der Kinder beim Ringen und Rangeln einschätzen zu können (zum Beispiel Hinblick auf Faktoren wie „Körperkontakt“, „Halten“ und „Gehalten werden“). Dabei helfen einige wenige, allerdings unverzichtbare Regeln. So gibt es keinen „Gegner“, sondern immer nur einen „Partner“. Zudem herrscht das Prinzip der „Freiwilligkeit“. Die umfassendste und grundlegendste Regel aber lautet: „Es ist alles verboten, was wehtut!“ Dieses „Nicht-Wehtun“ bezieht sich dabei sowohl auf die eigene Person wie auf das Gegenüber. Weiterhin hat jede(r) jederzeit das Recht, einen Kampf, aus welchen Gründen auch immer, abzubrechen. Dies kann durch Worte und/oder bestimmte Zeichen, wie zum Beispiel „Abklopfen“, erfolgen. Bei unserem Projekt steht nicht der Sieg, sondern die Art des Kämpfens, die Rücksichtnahme und Fairness, sowie der individuelle Leistungsfortschritt im Vordergrund.
Es wird viel gelobt:
Denn nur wer positive Rückmeldung und Erfolg erlebt, traut sich etwas zu und ist zu weiteren Anstrengungen bereit. Nicht der Vergleich untereinander, sondern der Spaß am Kämpfen und das Miteinander steht im Mittelpunkt.
Wir möchten den Kindern das faire raufen (kämpfen) beibringen und zeigen das man Spaß daran haben kann, wenn man körperlich und seelisch unversehrt bleibt. Beim Fair-Kämpfen lernen Kinder Sieg und Niederlage einzuordnen und zu akzeptieren, sie loten Ihre Grenzen aus und erleben Körperkontakt, nehmen Nähe, aber auch Distanz wahr. So können Kinder ihr Selbstvertrauen stärken, im Miteinander Vertrauen zu anderen Kindern entwickeln und Verantwortung für die körperliche und seelische Unversehrtheit ihrer Partner übernehmen. Dies geschieht im Rahmen einer festen Ordnung, mit Regeln und Ritualen, die allen beteiligten Personen jederzeit die Kontrolle über das Geschehen gewährleistet.
Den Erziehern und Lehrern möchten wir Hilfestellung geben, wie sie das Ringeln, Rangeln, Raufen in den Sportunterricht integrieren können. Hierbei geht es gerade nicht um die Vermittlung oder Verbesserung von Kampf – oder Ringertechniken, sondern um die spielerische, regelgeleitete, körperliche und körpernahe Auseinandersetzung.
Nachdem zu Beginn gemeinsam mit den Kindern und Erziehern Regeln erarbeitet wurden, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, wann man mit dem Raufen und Rangeln begonnen darf, beginnen wir mit einem Spiel z.B. Bärenspiel, Begrüßungsspiel. Danach folgen verschiedene Kampfübungen die durch Turnerische Übungen unterbrochen werden Leitfaden ist hier das Buch Gewaltprävention von Ulrich Trosowski. Am Schluss jeder Einheit findet noch ein Cool Down (Entspannung) statt.